5.1. Darstellen und Gestalten

 

„In den Wäldern sind Dinge, über die es nachzudenken, man jahreslang im Moos liegen könnte.“   Franz Kafka

 

Dieses Zitat wird häufig erwähnt, wenn die Befürworter des Waldkindergartens über die Phantasie und Kreativität der Kinder dort reden. Im Wald gibt es außer mitgenommenen Seilen, Scheren, Bohrern, Tüchern, Naturbast, kleinen Handsägen, Schnitzmessern und den Lupen kein vorgefertigtes Spielzeug und doch, oder gerade deshalb, bauen sich die Kinder phantastische Spielwelten aus Stöcken, Kastanien, Moos, Eicheln, Rinde, Sand und Tannenzapfen auf.

 

Dem kindlichen Spiel fehlt hier nie eine Bohrmaschine, ein Zauberstab, ein Besen, Geschirr, ein Auto, eine Puppe und Frisör- oder Arztutensilien. Das, was die Kinder beschäftigt oder woran sie Freude haben, wird ohne vorgefertigte Mittel im Spiel verarbeitet. Der Wald als Spielplatz ist immer aktuell, er lenkt die Kinder nicht vom eigenen inneren Erleben ab, sondern fördert die phantasievolle Auseinandersetzung mit dem Erlebten.

 

Er bietet den Kindern unbegrenzte - und oft auch ungeahnte Spiel- und Phantasiemöglichkeiten. Aus Tannenzapfen und einem Seil entstehen für die Kinder  Puppentheaterfiguren. Eine Eichel wird zu einer Katze und das Eichenblatt wird zur Decke für das Kätzchen. Die Kinder schaffen es so, sich in jede erdenkliche Rolle hineinzuversetzen. Ein kleiner Ast, an dem sich alle Kinder anfassen, wird als Eisenbahn interpretiert. Für manchen ist dieses Stück Holz ein Fotoapparat und man fühlt sich in dem Moment wie ein richtiger Fotograf.

 

Durch das Fehlen von klassischem Spielzeug können die Kinder je nach Befinden auch mal „Nichts tun“ oder sich einfach nur träumend ins Moos legen. Die Kinder lernen so, immaterielle Werte zu schätzen, mit wenig Material viel zu erleben. Zudem findet jedes Kind in den Steinen oder Stöcken sein optimales Spielmaterial, da es sich dieses seinen Bedürfnissen entsprechend aussuchen und interpretieren kann.

 

Aus alten Ästen und Baumstämmen wird im Handumdrehen eine Wippe von den Kindern gebaut, die voll funktionstüchtig ist. Der Hütten- und Budenbau fördert die kreative Entwicklung der Kinder, wobei der Wald durch sein reichhaltiges Angebot an Baumaterialien ein ideales Lernfeld ist.

 

Der Wald bietet zusätzlich den optimalen Raum für das Theaterspielen mit Naturmaterialien. Dabei können die Kinder Erlebtes und eigene Wünsche oder Ängste auf spielerische Art darstellen, verarbeiten und ihrer Phantasie freien Lauf lassen. 

Genau deswegen sind die Momente des Freispiels der Kinder von großer Bedeutung, die kindliche Entwicklung der Kreativität zu unterstützen. Man kann beobachten, dass gerade im Freispiel der Kinder das gesamte Potenzial kreativer Spielideen ausgelebt werden kann.

 

Zusätzlich zu dem, was die Kinder aus sich heraus nutzen, ergänzen wir die Gestaltungsmöglichkeiten durch das Anbieten von Fingerfarben, das Herstellen von Naturfarben aus Blaubeeren und ähnlichen Früchten des Waldes.

 

Die künstlerischen Produkte des Waldes sind zumeist vergänglich. Hierbei geht es für die Kinder um das Tun- nicht ergebnisorientiert, sondern prozessorientiert. In den warmen Monaten bieten wir den Kindern die klassischen Möglichkeiten des Malens mit Stiften auf Papier an. 

 

 

 

Jeder Eindruck braucht einen Ausdruck (Reggio: Malagouzzi).

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